Deutsche Gesellschaft der Mitglieder der Französischen Ehrenlegion und des Französischen Nationalen Verdienstordens e.V.
KAMINGESPRÄCH AM 05. juni 2018
in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin
Für das 1. Kamingespräch in diesem Jahr am 05. Juni 2018 in den Räumlichkeiten der DGAP konnte Dr. Norbert Röttgen, MdB und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, gewonnen werden.
Dr. Norbert Röttgen,
MdB und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages
Ausganspunkt für Impulsreferat und Diskussion waren eigentlich die Überlegungen zu einer Aktualisierung des Elysée-Vertrages, ein Ansatz, der sich dann ganz grundsätzlich weitete zu der Frage: Was ist notwendig und möglich im deutsch-französischen Verhältnis angesichts einer europäischen Krise, der Auflösung von sicher geglaubten Strukturen und einer insgesamt dramatischen Weltlage?
Der Referent umriss zunächst die Unwägbarkeiten der aktuellen politischen Situation von der Rolle Russlands über Türkei, Nordkorea, Iran und das Phänomen Trump bis zum Siegeszug des Populismus – zuletzt in Italien – und benannte auch nüchtern die zum ersten Mal akute Möglichkeit, dass Europa scheitern könnte. Röttgens Fazit: Die EU war bislang ein Binnenprojekt, jetzt werde die außenpolitische Handlungsfähigkeit zur Überlebensfrage. Frankreich habe den Willen zur Aktion deutlich gezeigt, Deutschland hingegen sei noch in der Bringschuld. Die Möglichkeiten für gemeinsame deutsch-französische Initiativen seien: Gemeinsame Außenpolitik auf der Basis militärischer Fähigkeiten, Entwicklung einer außenpolitisch-strategischen Kultur, Notwendigkeit einer breiteren intellektuellen Beschäftigung mit diesen Fragen – Europa muss sichtbarer werden!
In Ergänzung dazu sprach Martin Kotthaus (AA) von einer globalen Krise der Demokratie, die nicht nur ein europäisches Problem sei und nannte die für die europäische Situation kritischen Fragen: Wer zahlt? Wer entscheidet? Francois Devoto (Französische Botschaft) signalisierte volle Zustimmung – es gehe letztendlich um ein handlungsfähiges Europa.
In der ausgesprochen lebhaften und inhaltlich substantiellen Diskussion wurden im Dialog mit dem Referenten u.a. folgende Aspekte angesprochen: Hinsichtlich der militärischen Optionen eine gewisse Skepsis, andererseits deutliche Betonung der Notwendigkeit eines „wehrhaften Europa, das uns schützt“; die dringliche Frage nach einer realistischen politischen Strategie für die Umsetzung einer gemeinsamen EU-Außenpolitik auf der Basis militärischer Fähigkeiten in den nächsten zwei- drei Jahren; Stärkung der kulturellen europäischen Zusammenarbeit (z.B. Weimarer Dreieck), deutlichere Präsenz des Themas „Europa“ in den nationalen Bildungsplänen und -systemen – also die Nutzung der Bindungskräfte gemeinsamer kultureller Erfahrungen über das bislang dominierende Wirtschaftsdenken hinaus.
Die intensive Diskussion setzte sich bei dem anschließenden Umtrunk als engagierter Austausch noch lange fort, ein Beleg dafür, dass sowohl die hoch interessanten Impulse des Referenten sowie der differenzierte und sachkundige Diskurs im Anschluss große Zustimmung unter den Teilnehmern fanden.